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Text des Monats

Gé­rard Ca­rau
Gé­rard Ca­rau

Monat 05/2012:
Mund­art von Gé­rard Ca­rau

Platz für Platt

Gedicht des Beckinger Autors Gérard Carau ist Mundarttext des Monats im Mai

Als Mundarttext des Monats im Mai 2012 wur­de das Gedicht Mund­art des Autors Gé­rard Ca­rau ausgewählt. Darauf hat sich das Kol­lo­qui­um der Bosener Gruppe ver­stän­digt. Die Gruppe hat sich für diesen Text entschieden, weil er in äu­ßerst knapper Form ein aktuelles Sprachdilemma auf den Punkt bringt, ob es denn tatsächlich so unmöglich ist, dass Dialekt und Hoch­spra­che gleichwertig beieinanderstehen.

Die Bosener Gruppe ist ein Zusammenschluss von Sprach-Künst­lern/in­nen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die hohe literarische Wertigkeit und Ausdruckskraft der regionalen Dialektsprache ins allgemeine Be­wusst­sein zu rufen. Zur Bosener Gruppe gehören

Der Heimatschriftsteller Manfred Moßmann schreibt zu dem Text des Monats:

In nur drei Zeilen vermag der Beckinger Dichter und Lehrer Gérard Ca­rau Wesentliches zum Thema Mundart zu sagen.

Am Anfang steht die Frage: Ist unsere Mundart nichts als Unart und Unrat? Was auf den ersten Blick wie ein kleines Wortspiel aussieht, ist die Schnur um ein Fragenbündel: Ist die Mundart aus der Art geschlagen? Gehört sie in die gesellschaftliche Mottenkiste? Ist sie zu einer schlechten Angewohnheit von Menschen jenseits der 50 ge­wor­den? Produziert sie nichts als literarischen Sondermüll, der auf eine – möglichst weit von uns entfernte – Deponie gehört?

Und fühlen wir uns bei dieser Zeile nicht auch an den armen „Professor Unrat“ erinnert, der aus Wut über seinen Spitznamen allen Schülern seiner Schule das Leben schwer macht und nach der Hochzeit mit der Tänzerin Rosa Fröhlich höchst unfröhlich im Gefängnis landet? Carau beantwortet die Frage(-n) mit einem einzigen Wort und verstärkt sei­ne Antwort durch Hinzufügen eines trotzigen Ausrufezeichens: Traum!

Traum darf hier als Utopie gedeutet werden, die Illusion einer bes­se­ren Welt, in der „Du“ und „Dau“, Hochdeutsch und Mundart, gleich­be­rech­tigt nebeneinander stehen. Es ist der alte Menschheitstraum von Verbrüderung (Wenn wir Reinhard Körners neuem Buch glauben mögen, dann können wir heutzutage sogar „Mit Gott auf Du und Du“ sein …), der Traum vom vertrauensvollen freundschaftlichen „Du“, dem die Vision eines geachteten und selbstbewussten „Dau“ ebenbürtig zur Seite steht.

Ich träume ihn gern, den schönen Traum des Monsieur Carau. Träum „Dau“ doch einfach mit!

Mund­art

Nur Unart und Unrat?
Traum!
Traum vom Du und Dau!

Gé­rard Ca­rau